Dass ich das nochmal erlebe...

Rockmusik in der Angersteiner Kirche!

Als der Tauf-Gottesdienst am 17. September nach der Begrüßung von Pastor Lammer mit „A Whiter Shade Of Pale“ musikalisch eröffnet wurde, da staunten die vielen Gottesdienstbesucher nicht schlecht. In einem Gottesdienst... diesen Welthit aufführen, diesen ‚weltlichen Hit‘? Gut, es handelt sich um das erfolgreichste Stück der Procol Harum-Band aus dem Jahr 1967, was nicht nur der älteren Generation so vertraut ist (schließlich gibt es davon mehr als 700 Coverversionen). Aber echt: Als dieses Stück von der Rockband "Plesse Groove“ aufgespielt wurde, da trauten viele ihren Augen und Ohren nicht. Und das in der Angersteiner Kirche? Geht das denn, ein Rockband neben dem Altar… und so laute Musik?!  

Ja, das ging, und zwar so gut, dass in der der nahezu vollbesetzen Kirche die Gottesdienstteilnehmer nach jedem Stück vor Begeisterung ihre spürbare Freude darüber mit lang anhaltendem Applaus ausdrückten. War es damals vielleicht noch ein Tabu, solche ‚laute Musik’ in der Kirche zu spielen, schaut man heute, mit einigem Abstand und vielleicht auch viel gelassener als früher, genußvoll und genau hin… und entdeckt vielleicht, dass der Song, der musikwissenschaftlich wegen seines klassischen Einflusses zum sogenannten „Baroque Rock“ gehört, eine unverkennbare Beziehung zu Bach aufweist. "Das Stück gilt als erste Bearbeitung von Bach-Werken in der Rockmusik, nämlich des Eingangschors der Kantate 140 "Wachet auf, ruft uns die Stimme, BWV 140“ (Wikipedia). Wer hätte das denn gedacht? Das war ja ein aufrüttelnder Auftakt...

 

Nachdem die Gemeinde eine Taufe feierte, setzte unser ‚neuer‘ Pastor (der in einigen Wochen sein Einjähriges in Angerstein feiert!), seine Predigtreihe zu den 10 Geboten fort. Er sprach über Martin Luthers Auslegung des Ersten Gebotes, der sagte, woran du dein Herz hängst, das ist in Wahrheit dein Gott. Und dass es in diesem Verständnis gar keinen Atheismus gibt, sondern eher richtigen und falschen Glauben. Einen, der im Leben und im Sterben Halt gibt und in die Freiheit führt, oder einen, der uns in der trügerischen Illusion wiegt, Geld, Karriere, Attraktivität, Jugendlichkeit und wie die modernen Götzen auch heißen mögen, könnten unserem Leben Sinn und Ziel verleihen.

 

Als dann am Schluss die Plesse Groove mit dem Lied „With a Little Help form my Friends" (übersetzt:  "Mit etwas Hilfe von meinen Freunden“) den Beatles-Klassiker von 1967 raushauten, da war das Staunen perfekt: Musikalisch und gesanglich ein große Leistung, behauptete doch die Band, dieses Stück erst kurz vorher eingeübt zu haben. 

 

Wenn wir staunen, dann verrät uns unserer Körper durch tiefgehende Emotionen, dass etwas passierte, womit wir nicht gerechnet haben, was unseren Erfahrungen und Erwartungen widerspricht. "Die Art des Staunens kann unterschiedlich gefärbt sein, je nachdem, ob das Unerwartete, Verwunderliche eher ein ‚gläubiges' oder ein ‚ungläubiges' Staunen hervorruft. Entsprechend wird es von unterschiedlichen Emotionen begleitet wie Bewunderung, Respekt, Verehrung oder Befremden, Irritation, Argwohn“ (ebenda). 

Das 'emotionale Gleichgewicht‘ (Motto: Das war nicht nur gut - das ist doch normal in einem Gottesdienst - so könnte der doch öfter sein!) wurde beim Ausgang schnell wieder herstellt, als selbst eine betagte Kirchgängerin mit etwa 80 Jahren an der Kirchentür sagte: Das ist meine Musik! Ein anderer sagte: Das ist mein Gottesdienst!  

 

Da trifft es sich doch gut, dass die Zukunfts-Werkstatt der Interessierten für unsere Gemeinde das Thema "Modernisierung der Kirchenmusik“ ganz oben auf die Agenda der Zukunftsentwicklung gesetzt hat! Wie hieß noch das Lied? "Mit etwas Hilfe von unseren Freunden“… wird das bestimmt gehen. DANKE der Plesse Groove an dieser Stelle nochmals.

(Autor: H. Asselmeyer)

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